ASIP-Stellungnahmen , Sonstige

19. Oktober 2020 16:52

Fach­mit­tei­lung Nr. 123: Bro­ker-The­ma­tik – Ei­ne vor­sor­ge­recht­li­che Be­ur­tei­lung

In seiner Fachmitteilung Nr. 113 hat sich der ASIP bereits mit der Frage befasst, ob das Entschädigungsmodell mit Courtagen wirklich vertretbar und rechtlich zulässig ist. Der ASIP hat zwischenzeitlich ein Gutachten bei AVS (Advokatur für Vorsorge- und Sozialversicherungsrecht, L. Uttinger, R. Zellweger) in Auftrag gegeben.

Dieses Gutachten, welches unter www.asip.ch/de/dienstleistungen/fachmitteilungen/ abrufbar ist, erschliesst die Thematik aus zwei Blickwinkeln: „Einerseits aus der Sicht der Vorsorgeeinrichtung, welche die Courtagen zahlt, und andererseits mit Blick auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeberin und Broker.“

Das Gutachten kommt zu folgendem Schluss: „...Betrachtet man nur den Ist-Zustand, wie es eine juristische Analyse zwangsläufig tut, reichen diese zwei Blickwinkel völlig aus und es ergibt sich, dass die Zahlung von Courtagen durch Vorsorgeeinrichtungen nicht zu rechtfertigen sind. Es ist jedoch auch im Blick zu behalten, ob ein explizites Verbot von Courtagenzahlungen anderen berechtigten Zielen zuwiderläuft. Falls Broker nicht mehr durch die Vorsorgeeinrichtung entschädigt werden dürfen, ist zu erwarten, dass sie ihren Aufwand ihren Auftraggeberinnen, also den Arbeitgeberinnen, in Rechnung stellen werden. Dies wäre zu begrüssen. In diesem Zusammenhang ist jedoch der Befürchtung Rechnung zu tragen, dass sich kleinere Arbeitgeberinnen eine Beratung durch einen Broker allenfalls nicht mehr leisten können oder wollen und dass dadurch die Suche nach der passenden Vorsorgelösung oder das Aushandeln von günstigen Konditionen erschwert wird. Deshalb empfehlen wir, gleichzeitig mit dem Verbot von Courtagenzahlungen Massnahmen ins Auge zu fassen, die sicherstellen, dass Arbeitnehmer und die Arbeitgeberinnen von der besten Vorsorge für ihr Geld profitieren können...“

Der ASIP unterstützt den in der Botschaft zur Optimierung in der 2. Säule (19.080) vorgeschlagenen Art. 69 BVG zu den Entschädigungen von Vermittlungstätigkeiten. Dieser Artikel soll dem Bundesrat die Kompetenz einräumen, in der Verordnung zu regeln, unter welchen Voraussetzungen eine Vorsorgeeinrichtung für die Vermittlung von Vorsorgegeschäften Entschädigungen bezahlen darf. Der Bundesrat hält in der Botschaft u.a. fest, dass er mit diesen Regelungen „kein Verbot der Tätigkeit von Versicherungsvermittlern, die den Arbeitgeber bei der Suche nach einer geeigneten Vorsorgeeinrichtung für dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen, beabsichtige.

Er will aber im Sinne einer verbesserten Transparenz festhalten, in welchen Situationen die Entschädigungen von Versicherungsvermittlern aus dem Vorsorgevermögen bzw. zulasten der Betriebsrechnung berufliche Vorsorge dem Vorsorgeziel nicht widersprechen und deshalb zulässig sind.

Versicherungsvermittler oder Broker bieten ihre Dienste Akteuren an, die im Rahmen ihrer Tätigkeit im Bereich der beruflichen Vorsorge Unterstützung suchen. Insbesondere können sie einem Arbeitgeber behilflich sein, sich einer Vorsorgeeinrichtung anzuschliessen. Ebenso können sie von einer Vorsorgeeinrichtung beauftragt werden, einen neuen Anschlussvertrag oder einen neuen Rückversicherungsvertrag zu suchen. Vorsorgeeinrichtungen müssen die Möglichkeit haben, sich an Versicherungsvermittler zu wenden, damit sie ihre Aufgabe – das heisst die Durchführung der beruflichen Vorsorge – besser erfüllen können. 

Wenn Vorsorgeeinrichtungen die Versicherungsvermittler zu ihrer Unterstützung hinzuziehen, scheint es nur selbstverständlich, dass sie die Vermittler entschädigen dürfen. In diesem Fall sind es nämlich die Vorsorgeeinrichtungen, die das Vertragsverhältnis begründet haben, da sie Auftraggeber sind. 

Hat hingegen nicht die Vorsorgeeinrichtung das Auftragsverhältnis mit dem Vermittler begründet, so gibt es keinen Grund, weshalb sie für die Vermittlerentschädigung aufkommen soll. Auch wenn die Vorsorgeeinrichtung letztlich einen Vorsorgevertrag abschliesst, hat sie selber niemanden damit beauftragt, in ihrem Namen zu handeln. Es gibt daher keine vertragliche Grundlage für die Entschädigung einer Drittperson...“

Die Beratung und Expertise der Broker bei einem Neuanschluss oder bei der Überprüfung der bestehenden Anschlüsse kann für den Arbeitgeber und die Versicherten eine wichtige Rolle spielen und soll auch entsprechend entschädigt werden. Das Gutachten zeigt aber, dass das heutige Entschädigungsmodell mit erfolgs- und volumenabhängigen Provisionen und jährlich wiederkehrenden Courtagen durch Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen in der zweiten Säule vorsorgerechtlich nicht zu rechtfertigen ist.

Trotz Transparenzpflichten können weder Interessenkonflikte noch überhöhte Zahlungen ausgeschlossen werden. Im Courtagen-Modell besteht unabhängig von der Kostentransparenz ein Anreizproblem auf verschiedenen Ebenen, weil der Auftraggeber nicht die zahlende Partei ist. In der Praxis zeigt sich bereits heute, dass eine aufwandbasierte Entschädigung durch den Auftraggeber durchaus funktionieren kann. In diesem Sinn sollten die Aufgaben des Brokers vom Arbeitgeber als Aufraggeber und Treuhänder der Mitarbeitenden aufwandbasiert abgegolten werden. So können die Interessen der Destinatäre besser gewahrt und die geforderte Transparenz einfacher erreicht werden.

Photo by https://unsplash.com/@officestock

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