Mindestzins , ASIP Faktenchecks

21. September 2021 16:46

Fak­ten­check: 70 Pro­zent der Pen­si­ons­kas­sen ver­zin­sen mehr

SRF berichtet, dass 70 Pro­zent der Pen­si­ons­kas­sen mehr als das ge­setz­li­che Mi­ni­mum ver­zin­sen.

Na­tür­lich nicht, oh­ne die­se ei­gent­lich er­freu­li­che Nach­richt ins Ne­ga­ti­ve zu keh­ren («Je­de drit­te Pen­si­ons­kas­se ver­zinst nur das Mi­ni­mum»). Ge­nau­so gut könn­te man schrei­ben «Die Fla­sche ist schon zu ei­nem Drit­tel leer» an­statt «Die Fla­sche ist noch zu 70 Pro­zent voll». Mit der­ar­ti­gem «Framing» soll ver­mut­lich ei­ne ge­wis­se Em­pö­rung er­reicht wer­den, was die Klick­zahl er­höht, und da­mit auch die At­trak­ti­vi­tät ei­nes News-Por­tals für Wer­ber. Mit neu­tra­ler und aus­ge­wo­ge­ner Be­richt­er­stat­tung hat dies nicht viel ge­mein­sam. 

Die Zah­len stam­men aus ei­ner Un­ter­su­chung des Be­ra­tungs­un­ter­neh­men PP­C­me­trics, die auf ei­ner Ana­ly­se der Ge­schäfts­be­rich­te von 305 Pen­si­ons­kas­sen fusst. Sie ste­hen für ein Vor­sor­ge­ver­mö­gen von 748 Mil­li­ar­den Fran­ken und 3.5 Mil­lio­nen Ver­si­cher­te. Da­mit ist die Aus­wer­tung re­prä­sen­ta­tiv. Das ge­setz­li­che Mi­ni­mum liegt auch im lau­fen­den Jahr bei 1 Pro­zent.

Zwar er­ziel­ten die Schwei­zer Pen­si­ons­kas­sen im ver­gan­ge­nen Jahr ein be­acht­li­ches An­la­ge-Er­geb­nis – trotz Co­ro­na-Pan­de­mie: Im Schnitt be­lief sich die Ren­di­te auf 4.21 Pro­zent. Doch die­se Ren­di­te kann nicht aus­nahms­los den Ver­si­cher­ten als Zins­gut­schrift wei­ter­ge­ge­ben wer­den, wie Ste­phan Skaa­nes von PP­C­me­trics ge­gen­über SRF aus­führt: «Sie wird für meh­re­re Aspek­te ver­wen­det. Das Ers­te ist die Ver­zin­sung der ak­tiv Ver­si­cher­ten. Das Zwei­te ist die Fi­nan­zie­rung der lau­fen­den Ren­ten. Es wird Ren­di­te be­nö­tigt, um die lau­fen­den Ren­ten zu fi­nan­zie­ren. Und als Drit­tes wer­den Re­ser­ven ge­äuf­net.»

Da die Le­bens­er­war­tung der Be­völ­ke­rung stän­dig wei­ter steigt, müss­ten die Pen­si­ons­kas­sen ei­gent­lich so­gar hö­he­re Ren­di­ten er­zie­len kön­nen, um die Ren­ten aus­rei­chend fi­nan­zie­ren zu kön­nen. Als Fol­ge die­ses Di­lem­mas lässt sich ein an­hal­ten­der Druck auf die Um­wand­lungs­sät­ze fest­stel­len. Die­ser Satz legt fest, wie hoch die jähr­li­che Ren­te aus­fal­len wird bei der Pen­sio­nie­rung.

Oder an­ders for­mu­liert: so lan­ge der ge­setz­lich fest­ge­leg­te BVG-Min­dest-Um­wand­lungs­satz nicht an die ge­stie­ge­ne Le­bens­er­war­tung – und da­mit an die län­ge­re Ren­ten­dau­er – an­ge­passt wer­den kann, so lan­ge kön­nen die Pen­si­ons­kas­sen ih­ren Ver­si­cher­ten nicht viel mehr als oder nur das ge­setz­li­che Mi­ni­mum ver­zin­sen. 

Weil Ren­di­te der noch ak­tiv ar­bei­ten­den Ver­si­cher­ten für die Quer­sub­ven­tio­nie­rung der lau­fen­den Ren­ten ab­ge­zweigt wer­den muss, spricht man in die­sem Zu­sam­men­hang auch vom «wah­ren Ren­ten­klau» an den Jun­gen. 

Wer ei­ne hö­he­re Ver­zin­sung will, muss ei­ner Sen­kung des BVG-Min­dest-Um­wand­lungs­sat­zes zu­stim­men und un­ter­stützt da­mit ei­ne Be­en­di­gung die­ses un­ge­woll­ten «Ren­ten­klaus». 

SRF schreibt wei­ter: 

Die Ver­zin­sung des Al­ters­ka­pi­tals ist ei­ne grund­le­gen­de Kom­po­nen­te, um die Ren­ten­ver­spre­chen über­haupt er­fül­len zu kön­nen. Ein Pro­zent­punkt mehr oder we­ni­ger hat auf die ge­sam­te Dau­er des Ka­pi­tal­auf­baus in der Al­ters­vor­sor­ge ei­ne gros­se Wir­kung. Stich­wort: Zin­ses­zin­sen. So kann ein Pro­zent­punkt Un­ter­schied ei­ne Dif­fe­renz von meh­re­ren Zehn­tau­send Fran­ken beim Al­ters­ka­pi­tal aus­ma­chen.

Auf­grund der tie­fen Leit­zin­sen – in der Schweiz hat ihn die Na­tio­nal­bank seit Ja­nu­ar 2015 bei -0.75 Pro­zent fest­ge­zurrt – ist es für die Vor­sor­ge­in­sti­tu­te al­ler­dings schwie­ri­ger ge­wor­den, aus­rei­chen­de Ren­di­ten zu er­zie­len, um die Ren­ten nach­hal­tig fi­nan­zie­ren zu kön­nen.

Har­zi­ge Re­form
Für die Pen­si­ons­kas­se ist der Min­dest­zins die Richt­schnur, ei­ni­ge ge­hen aber deut­lich dar­über hin­aus. «Wir le­gen den de­fi­ni­ti­ven Zins­satz für die Ver­zin­sung der Al­ters­gut­ha­ben erst im Herbst fest. Zu die­sem Zeit­punkt ken­nen wir die An­la­ge-Er­geb­nis­se seit Ja­nu­ar und kön­nen die­se dann in den Ent­scheid ein­be­zie­hen. In den letz­ten Jah­ren hat­te dies zur Fol­ge, dass wir auf­grund die­ser Er­kennt­nis­se je­weils zwei Pro­zent an die Ver­si­cher­ten wei­ter­ge­ben konn­ten, sagt Cor­ne­lia Stucki, Lei­te­rin der Pen­si­ons­kas­se der Gärt­ner und Flo­ris­ten.

Dem­nächst steht die Fi­xie­rung der Min­dest­ver­zin­sung für 2022 an. En­de Au­gust emp­fahl die BVG-Kom­mis­si­on den Min­dest­satz auch im kom­men­den Jahr bei 1 Pro­zent zu be­las­sen. Der bun­des­rät­li­che Ent­scheid da­zu wird im No­vem­ber fol­gen.

Der­weil steckt die grund­le­gen­de Re­form der 2. Säu­le in der Al­ters­vor­sor­ge be­reits seit Jah­ren im po­li­ti­schen Pro­zess fest. Wäh­rend in vie­len Pen­si­ons­kas­sen in ei­ner Art Quer­fi­nan­zie­run­gen Mil­lio­nen­be­trä­ge von den ak­ti­ven, be­rufs­tä­ti­gen Ver­si­cher­ten zu den ren­ten­be­zie­hen­den Pen­sio­nier­ten flies­sen, um die Ren­ten­ver­spre­chen zu er­fül­len. Der po­li­ti­sche Zwist be­steht im We­sent­li­chen bei der Fra­ge, mit wel­chen kom­pen­sa­to­ri­schen Mass­nah­men ei­ne Ren­ten­sen­kung via Um­wand­lungs­satz auf­ge­fan­gen wer­den soll. Und ei­ne schnel­le Lö­sung ist hier wei­ter­hin nicht in Sicht.

Letz­te­res, obowhl mit dem Mit­tel­weg/ASIP ge­nann­ten Re­form­vor­schlag ein pra­xi­staug­li­cher und al­le Kri­te­ri­en er­fül­len­der Vor­schlag auf dem Tisch liegt. 

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