Reformen , ASIP Faktenchecks

28. Oktober 2021 15:41

Geht wirk­lich ei­ne Mehr­heit beim Ren­ten-Zu­schlag leer aus?

Die me­dia­len At­ta­cken der letz­ten Ta­ge ge­gen die BV­G21-Re­form-Mo­del­le von Na­tio­nal­rat Tho­mas de Cour­ten und vom ASIP (bzw. Mit­tel­weg) las­sen auf­hor­chen. Wird da hin­ter den Ku­lis­sen ei­ne PR-Kam­pa­gne ge­fah­ren, um die Mit­glie­der der na­tio­nal­rät­li­chen So­zi­al­kom­mis­si­on "auf Kurs" zu brin­gen? Der Ver­dacht liegt na­he, denn of­fen­sicht­lich wur­den die Jour­na­lis­ten, die in den letz­ten Ta­gen ne­ga­tiv über die bei­den Mo­del­le schrie­ben, nur ein­sei­tig in­for­miert, so dass sich für sie ein falsches Bild er­gab. 

Neh­men wir zum Bei­spiel die Be­haup­tung, bei bei­den Mo­del­len ge­he ei­ne Mehr­heit leer aus. Was ist da­mit ge­meint? Um dies zu ver­ste­hen, muss man zu­erst wis­sen, wie­so über­haupt ei­ne Re­form not­wen­dig ist. 

Ver­ein­facht kann man es wie folgt be­schrei­ben. In der zwei­ten Säu­le spa­ren Ar­beit­neh­men­de Geld bis zur Pen­sio­nie­rung an. Die­ses Geld wird zu­sätz­lich durch die Pen­si­ons­kas­se an­ge­legt und ver­mehrt. Beim Ren­ten­an­tritt be­stim­men dann drei Fak­to­ren die Mo­nats­ren­te: ers­tens die Hö­he des an­ge­spar­ten Gut­ha­bens, zwei­tens die zu er­war­ten­de Ren­ten­be­zugs­dau­er bzw. ver­blei­ben­de Le­bens­err­war­tung und drit­tens die zu er­war­ten­de Ren­di­te auf dem an­ge­spar­ten Ka­pi­tal. Je mehr an­ge­spart wur­de, je we­ni­ger lang die Ren­ten­be­zugs­dau­er und je hö­her der zu er­war­ten­de Zins, de­sto hö­her die Mo­nats­ren­te.

Seit das BVG in Kraft trat, hat sich die Ren­ten­be­zugs­dau­er von ca. 15 auf über 20 Jah­re er­höht und die Zin­sen sind ge­sun­ken. Das Al­ters­ka­pi­tal muss nun al­so für ca. 1/3 län­ger rei­chen und zu­dem wirft es wäh­rend der Ren­ten­be­zugs­dau­er we­ni­ger Zins ab. Man muss kein Ma­the­ma­tik-Ge­nie sein, um zu er­ken­nen, dass die Rech­nung nicht auf­geht. Heu­ti­gen Neu­rent­nern feh­len – je nach Be­rech­nung – 40'000 Schwei­zer Fran­ken zu we­nig Spar­ka­pi­tal, um die BVG- Ren­te über die rest­li­che Le­bens­zeit aus­zu­zah­len. Bei Pen­si­ons­kas­sen, die nur den Mi­ni­mal­be­trag ver­si­chern, wird des­halb von der Ren­di­te der (noch ar­bei­ten­den) Bei­trags­zah­ler ein Teil ab­ge­zweigt, zur Sub­ven­tio­nie­rung der lau­fen­den Ren­ten. 

Um die­ses Sys­tem wie­der ins Lot zu brin­gen, sieht die ak­tu­ell dis­ku­tier­te BV­G21-Re­form des­halb im we­sent­li­chen zwei Sto­ss­rich­tun­gen vor: ers­tens soll das Al­ters­ka­pi­tal so ra­tio­niert wer­den, dass es län­ger reicht, in­dem der so ge­nann­te BVG-Um­wand­lungs­satz ge­senkt wird. Zwei­tens soll, da­mit die Mo­nats­ren­te trotz­dem gleich hoch bleibt, wäh­rend des Ar­beits­le­bens mehr Geld ge­spart wer­den. 

Die­se Rech­nung geht auf, aus­ser für die Ge­ne­ra­ti­on, die zu kurz vor der Pen­sio­nie­rung steht. Sie wird nicht mehr ge­nü­gend spa­ren kön­nen. Für die­se "Über­gangs­ge­ne­ra­ti­on" sind des­halb Aus­gleich­zah­lun­gen vor­ge­se­hen, die aus den da­für ge­bil­de­ten Re­ser­ven der Pen­si­ons­kas­sen fi­nan­ziert wer­den kön­nen – so­fern die Po­li­tik mit­macht und kei­ne un­nö­ti­gen Lohn­ab­ga­ben be­schliesst. 

Was so ein­fach klingt, trifft je­doch nur auf 14% der Ver­si­cher­ten zu. Die an­de­ren 86% sind hö­her ver­si­chert, als das Mi­ni­mum, und bei ih­nen konn­ten die Pen­si­ons­kas­sen die Stell­schrau­ben be­reits neu jus­tie­ren, so dass sie von ei­ner Re­form gar nicht be­trof­fen wä­ren. Die­se 86% der Ver­si­cher­ten hät­ten bei ei­ner Re­form kei­ne Ren­ten­ein­bus­sen zu be­fürch­ten, bräuch­ten al­so auch kei­ne Aus­gleich­zah­len.

Des­halb lau­tet der Vor­schlag von Tho­mas De Cour­ten und des ASIP kon­se­quen­ter­wei­se, dass nur die wirk­lich be­trof­fe­nen 14% de­er ver­si­cher­ten Aus­gleichs­zah­lun­gen er­hal­ten sol­len. Nur sie brau­chen die­se. 

Dass den Me­di­en ge­gen­über nun so ge­tan wird, wie wenn die rest­li­chen 86% leer aus­ge­hen wür­den, kann man so se­hen, vor­aus­ge­setzt, man will er­rei­chen, dass die Jun­gen die Al­ten noch mehr sub­ven­tio­nie­ren sol­len als heu­te schon der Fall.

Man kann es aber auch so se­hen, dass bei den Al­ter­na­ti­ven zum Bun­des­rats­vor­schlag mit dem Geld der Ver­si­cher­ten treu­hän­de­risch um­ge­gan­gen und das Pri­vat­ver­mö­gen der Ver­si­cher­ten ge­schützt wird. Denn wür­de man auch an die­je­ni­gen Aus­gleichs­zah­lun­gen ent­rich­ten, die dies über­haupt nicht be­nö­ti­gen, ent­sprä­che dies ei­ner zweck­frem­den Ent­eig­nung von an­ge­spar­tem Pri­vat­ver­mö­gen der an­de­ren Ver­si­cher­ten. 

So ge­se­hen ist der Mit­tel­weg/ASIP das fai­re­re und so­zia­le­re Re­form­mo­dell.

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