Reformen , ASIP Faktenchecks

21. April 2022 15:31

«Re­ser­ven ver­fünf­facht» – Fa­ke News auch

 

Un­ter dem Ti­tel „Re­ser­ven ver­fünf­facht – Ren­ten sin­ken trotz­dem“ be­rich­ten die TA-Me­dia-Zei­tun­gen heu­te über ei­ne „Ana­ly­se“ des Schwei­ze­ri­sche Ge­werk­schafts­bunds (SGB). Dem Au­tor Fa­bi­an Renz ge­bührt Dank, dass er die Er­geb­nis­se der Un­ter­su­chung nicht un­kom­men­tiert über­nom­men, son­dern die­se durch Fach­leu­te hat ein­ord­nen las­sen. So geht aus dem Ar­ti­kel ein­deu­tig her­vor, dass der SGB Fa­ke News ver­brei­tet, in­dem er an und für sich kor­rek­te In­for­ma­tio­nen aus dem Zu­sam­men­hang reisst oder wich­ti­ge Fak­ten ein­fach igno­riert, so dass sie ein falsches Bild der tat­säch­li­chen Si­tua­ti­on er­ge­ben. 

Zum Bei­spiel er­weckt der SGB den Ein­druck, die Pen­si­ons­kas­sen wür­den Ge­win­ne in die „ei­ge­ne Ta­sche“ er­wirt­schaf­ten, wäh­rend es sich fak­tisch um einen nach der Fi­nanz­kri­se drin­gend be­nö­tig­ten Wie­der­auf­bau von Re­ser­ven han­del­te.

Das ak­tu­el­le Um­feld for­dert die Füh­rungs­or­ga­ne von Pen­si­ons­kas­sen zwei­fel­los her­aus. Es zwingt sie, die Fi­nan­zie­rungs- und Leis­tungs­plä­ne im­mer wie­der zu über­prü­fen und al­len­falls an­la­ge­po­li­ti­sche so­wie ver­si­che­rungs­tech­ni­sche Mass­nah­men zu er­grei­fen. Da die Pen­si­ons­kas­sen nach den gu­ten letz­ten An­la­ge­jah­ren aber im Durch­schnitt sta­bil auf­ge­stellt sind, dür­fen ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund der dro­hen­den In­fla­ti­on und stei­gen­der Zin­sen kei­ne hek­ti­schen Ent­schei­de ge­fällt wer­den. Schliess­lich geht es auch um die Si­cher­heit der Al­ters­ka­pi­tal­an­la­gen.

Gin­ge es nach dem SGB, wür­den Ren­di­ten di­rekt in Ren­ten um­ge­wan­delt, mit dem Ri­si­ko, dass die Pen­si­ons­kas­sen in ei­ner wei­te­ren Fi­nanz­kri­se sa­niert wer­den müss­ten. Das kann aber nie­mand wol­len. Zu Recht bil­de­ten die Pen­si­ons­kas­sen da­her nach der Fi­nanz­kri­se 2008 wie­der ent­spre­chen­de Re­ser­ven. Die­se zwi­schen­zeit­lich auf­ge­bau­ten Re­ser­ven leis­ten einen we­sent­li­chen Bei­trag zur fi­nan­zi­el­len Sta­bi­li­tät.

Zu­dem bleibt je­der Vor­sor­ge­fran­ken im Vor­sor­ge­kreis­lauf und wird letzt­lich nur zu­guns­ten der Ver­si­cher­ten ein­ge­setzt. Es kann durch­aus sein, dass sich in den kom­men­den Jah­ren ver­mehrt Fra­gen be­züg­lich der „ge­rech­ten“ Zu­ord­nung von Mit­teln auf die Des­ti­na­tä­re un­ter Be­rück­sich­ti­gung un­ter­schied­li­cher Rent­ner­ge­ne­ra­tio­nen stel­len wer­den. Doch heu­te sind wir noch nicht so­weit. Der dies­be­züg­lich vom SGB in sei­ner „Ana­ly­se“ völ­lig frei kon­stru­ier­te Zu­sam­men­hang mit dem Re­form­be­darf zielt da­her ins Lee­re. 

Die be­ruf­li­che Vor­sor­ge muss ihr Licht kei­nes­wegs un­ter den Schef­fel stel­len. Füh­rungs­or­ga­ne von Pen­si­ons­kas­sen ha­ben un­ter an­de­rem die Auf­ga­be, die ih­nen an­ver­trau­ten Gel­der – zur­zeit über CHF 1000 Mia. – so zu be­wirt­schaf­ten, dass die ak­tu­el­len und künf­ti­gen Leis­tun­gen lang­fris­tig ge­si­chert sind. Die Ver­si­cher­ten wol­len ih­re Vor­sor­ge­gel­der pro­fes­sio­nell an­ge­legt wis­sen.

Da­bei ist auch in Er­in­ne­rung zu ru­fen, dass die Pen­si­ons­kas­sen im Ver­gleich zu vie­len in- und aus­län­di­schen Fi­nan­z­in­sti­tu­ten zwei schwe­re Fi­nanz­kri­sen 2002 und 2008 oh­ne grös­se­re Li­qui­di­täts- und Sol­venz­pro­ble­me ge­meis­tert hat­ten.

Die be­ruf­li­che Vor­sor­ge nimmt so­mit ih­ren Kern­auf­trag – die preis­wer­te Pro­duk­ti­on von Ren­ten­leis­tun­gen – wahr und leis­tet da­mit einen ech­ten Bei­trag zu ei­ner nach­hal­ti­gen, ver­trau­ens­wür­di­gen und ver­läss­li­chen Vor­sor­ge in der Schweiz.

Zu gu­ter Letzt sei noch er­wähnt, dass der Bun­des­rats­vor­schlag, für den der SGB mit sei­ner „Ana­ly­se“ wie­der ein­mal ver­sucht, Wer­bung zu ma­chen, zu ei­ner grös­se­ren Be­las­tung für die Ver­si­cher­ten und Ar­beit­ge­ber füh­ren wür­de (hö­he­re Lohn­pro­zen­te). Die­ser Vor­schlag wür­de die Um­ver­tei­lung aus­bau­en, statt sie ab­zu­bau­en – ganz ent­ge­gen dem Ziel der Re­form.

Der Bun­des­rats­vor­schlag wür­de aber nicht nur sein ei­gent­li­ches Ziel ver­feh­len. In Zei­ten stei­gen­der In­fla­ti­on und wirt­schaft­li­cher Un­si­cher­heit wä­re es Gift für den Werk­platz Schweiz, von Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern noch­mals hö­he­re Ab­ga­ben zu ver­lan­gen, ins­be­son­de­re – und dar­in liegt ei­ne ech­te Iro­nie des Bun­des­rats­vor­schlags, für den die Ge­werk­schaf­ten so sehr wer­ben – wenn da­mit Ren­ten­er­hö­hun­gen für Bes­ser­ver­die­nen­de durch die All­ge­mein­heit fi­nan­ziertwer­den sol­len. Das kann es nicht sein!

#BVG #Altersvorsorge #Zweite Säule #Pensionskassen #Rente #berufliche Vorsorge #Deckungsgrad

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